Die Coronakrise macht die Vorteile von Telemedizin und Robotern sichtbar
Der Ausbruch von COVID-19 (Coronavirus) macht den Schutz anderer Menschen durch die Einhaltung ausreichender Abstände notwendig. Doch gerade im Gesundheitswesen können bei der Behandlung von Kranken diese Abstände häufig nicht eingehalten werden, sodass die Beschäftigten einem erhöhten Infektionsrisiko ausgesetzt sind. Vor diesem Hintergrund hat die Telemedizin im Zuge der Coronakrise einen Aufschwung erfahren. Ebenso werden vermehrt die Vorteile von Robotern diskutiert.
Europäischer Vergleich
Mit dem sich erhöhenden Digitalisierungsgrad schreitet auch die digitale Transformation im Gesundheitswesen kontinuierlich voran. Dennoch hinkt Deutschland in dieser Hinsicht noch anderen Ländern hinterher. So hat das deutsche Gesundheitswesen in einer internationalen Vergleichsstudie der Bertelsmann Stiftung aus dem Jahr 2018 lediglich den 16. von 17 Plätzen erreicht. Betrachtet wurden 14 EU-Mitgliedstaaten sowie drei OECD-Länder. Nur Polen schnitt schlechter ab. Deutschland verzeichnete einen Digital-Health-Index von 30,0 verglichen mit dem Mittelwert von 58,9. Zwar hat Deutschland bereits früh erste Maßnahmen in Richtung Digitalisierung ergriffen und es gibt zahlreiche Pilotprojekte, die digitale Möglichkeiten im Gesundheitswesen erproben, doch können diese noch nicht von der breiten Bevölkerung genutzt werden. Das hat sich nun durch die Coronakrise geändert. Vor allem im Bereich der Fernbehandlung, wie beispielsweise in Form von Videosprechstunden, hat sich die Akzeptanz der Allgemein- und Fachärzte sowie der Bevölkerung verbessert.
Videosprechstunden im Trend
Eine Umfrage des Digitalverbands Bitkom zeigt, dass Videosprechstunden im Zuge der Coronakrise beliebter werden. Nutzten im Mai 2019 lediglich 5 % der befragten Personen Videosprechstunden, so sind es im Juli 2020 bereits 13 %. Auch die Anzahl derjenigen, die sich eine Videosprechstunde vorstellen können, ist in diesem Zeitraum um 15 % gewachsen. Seitens der Arztpraxen wird das Angebot massiv ausgebaut. Laut der Online-Arztpraxis Zava stieg die Anzahl der Praxen, die Videosprechstunden anbieten, seit Februar 2020 von 1.700 Praxen auf über 25.000 Praxen an. Neben der steigenden Akzeptanz spielt auch die Aufhebung der Begrenzungsregelungen für Videosprechstunden durch die Kranken- und Sozialversicherungen eine Rolle. Diese wurde bis zum Ende des Jahres verlängert, um die Patienten ebenso wie die Ärzte und das Praxispersonal vor einer Ansteckung zu schützen. Zuvor durften nur 20 % der Patienten per Videosprechstunde behandelt werden.
Einsatz von Robotern
Auch der Nutzen von Robotern in Krankenhäusern und in Alten- und Pflegeheimen wird vor dem Hintergrund der Coronakrise vermehrt diskutiert. Zwar sind diese schon seit Längerem ein Thema, unter anderem zur Bekämpfung des Personalmangels, doch zeigt die aktuelle Krise weitere Vorteile eines Einsatzes von Robotern im Gesundheitswesen auf. Zum einen kann das Pflegepersonal erheblich entlastet werden und zum anderen können die Roboter zur Verrichtung einfacher Tätigkeiten in Isolierstationen eingesetzt werden, um das Ansteckungsrisiko des Gesundheitspersonals zu reduzieren. Weiterhin können Roboter bei der Durchführung von Coronatests helfen. So zeigt eine Videoanleitung auf einem Testgelände der BoKa Automatisierung GmbH im bayerischen Unterfranken dem zu Testenden, was zu tun ist; ein Roboterarm reicht der Person ein Teststäbchen, das er nach der selbstständigen Probenentnahme wieder entgegennimmt und es mit den Daten der Testperson verknüpft. Eine medizinisch ausgebildete Person überwacht derweil, ob die Abstrichentnahme korrekt durchgeführt wird.
In manchen Pflegeheimen kommen überdies bereits Roboter zum Einsatz, die zur Kommunikation zwischen den Senioren und ihren Familienangehörigen genutzt werden. Ziel ist es, dass die Senioren ohne erhöhtes Ansteckungsrisiko mit ihren Verwandten sprechen können. Allerdings gibt es bei der Nutzung von Robotern noch zahlreiche Bedenken, die teils ethischer Natur sind. Dennoch dürfte die Coronakrise dem Einsatz von Robotern im Gesundheitswesen einen Schub nach vorne verliehen haben.
Ausblick
Die Coronakrise bringt einen Aufschwung für die Digitalisierung im Gesundheitswesen mit sich. Ebenso zeigt sie verstärkt den Pflegenotstand in Deutschland auf und bringt somit technologische Innovationen, wie beispielsweise Roboter und Telemedizin, voran. Zwar wird noch über alternative Lösungswege aus dem Pflegenotstand debattiert, doch steigt die Akzeptanz für moderne Technologien merklich an. Es ist davon auszugehen, dass sich diese Entwicklung in den kommenden Jahren weiter fortsetzen wird.
In diesem Bericht erwähnte Branchen:
O84.30DE – Sozialversicherungen
Q86.00DE – Gesundheitssektor
Q86.21DE – Arztpraxen für Allgemeinmedizin
In diesem Bericht erwähnte Einflussfaktoren:
Einflussfaktoranalyse Digitalisierungsgrad